Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte
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12. Zur Theorie
der Lichterzeugung und Lichtabsorption;
von A. Einstein.
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In einer letztes Jahr erschienenen Arbeit1) habe ich ge-
zeigt, daß die Maxwellsche Theorie der Elektrizität in Ver-
bindung mit der Elektronentheorie zu Ergebnissen führt, die
mit den Erfahrungen über die Strahlung des schwarzen Körpers
im Widerspruch sind. Auf einem dort dargelegten Wege wurde
ich zu der Ansicht geführt, daß Licht von der Frequenz
lediglich in Quanten von der Energie (R N) absorbiert und
emittiert werden könne, wobei R die absolute Konstante der
auf das Grammolekül angewendeten Gasgleichung, N die An-
zahl der wirklichen Moleküle in einem Grammolekül, den
Exponentialkoeffizienten der Wienschen (bez. der Planckschen)
Strahlungsformel und die Frequenz des betreffenden Lichtes
bedeutet. Diese Beziehung wurde entwickelt für einen Be-
reich, der dem Bereich der Gültigkeit der Wienschen Strah-
lungsformel
Damals schien es mir, als ob die Plancksche Theorie
der Strahlung2) in gewisser Beziehung ein Gegenstück bildete
zu meiner Arbeit. Neue Überlegungen, welche im § 1 dieser
Arbeit mitgeteilt sind, zeigten mir aber, daß die theoretische
Grundlage, auf welcher die Strahlungstheorie von Hrn. Planck
ruht, sich von der Grundlage, die sich aus der Maxwellschen
Theorie und Elektronentheorie ergeben würde, unterscheidet,
und zwar gerade dadurch, daß die Plancksche Theorie im-
plizite von der eben erwähnten Lichtquantenhypothese Ge-
brauch
In § 2 der vorliegenden Arbeit wird mit Hilfe der Licht-
quantenhypothese eine Beziehung zwischen Voltaeffekt und licht-
elektrischer Zerstreuung
1) A. Einstein, Ann. d. Phys. 17. p. 132.
2) M. Planck, Ann. d. Phys. 4. p. 561. 1901.
§ 1. Die Plancksche Theorie der Strahlung und die
Lichtquanten.
In § 1 meiner oben zitierten Arbeit habe ich gezeigt, daß
die Molekulartheorie der Wärme zusammen mit der Maxwell-
schen Theorie der Elektrizität und Elektronentheorie zu der
mit der Erfahrung im Widerspruch stehenden Formel für die
Strahlung des schwarzen Körpers
| (1) |
Hierbei bedeutet die Dichte der Strahlung bei der
Temperatur T, deren Frequenz zwischen und + 1
Woher kommt es, daß Hr. Planck nicht zu der gleichen
Formel, sondern zu dem
| (2) |
gelangt
Hr. Planck hat abgeleitet1), daß die mittlere Energie
eines Resonators von der Eigenfrequenz , der sich in einem
mit ungeordneter Strahlung erfüllten Raume befindet, durch
die
| (3) |
gegeben ist. Damit war das Problem der Strahlung des
schwarzen Körpers reduziert auf die Aufgabe, als Funktion
der Temperatur zu bestimmen. Die letztere Aufgabe aber ist
gelöst, wenn es gelingt, die Entropie eines aus einer gro$B;en
Anzahl im dynamischen Gleichgewicht sich befindender, mit-
einander in Wechselwirkung stehender, gleich beschaffener
Resonatoren von der Eigenfrequenz
zu
Die Resonatoren denken wir uns als Ionen, welche um
eine Gleichgewichtslage geradlinige Sinusschwingungen aus-
zuführen vermögen. Bei der Berechnung dieser Entropie spielt
die Tatsache, daß die Ionen elektrische Ladungen besitzen,
keine Rolle; wir haben diese Ionen einfach als Massenpunkte
(Atome) aufzufassen, deren Momentanzustand durch ihre
momentane Abweichung x von der Gleichgewichtslage und
1) M. Planck, Ann. d. Phys. 1. p. 99. 1900.
durch ihre Momentangeschwindigkeit dx dt = vollkommen
bestimmt
Damit bei thermodynamischem Gleichgewicht die Zustands-
verteilung dieser Resonatoren eine eindeutig bestimmte sei,
hat man anzunehmen, daß außer den Resonatoren frei beweg-
liche Moleküle in beliebig kleiner Zahl vorhanden seien, welche
dadurch, daß sie mit den Ionen zusammenstoßen, Energie von
Resonator zu Resonator übertragen können; die letzteren Mole-
küle werden wir bei Berechnung der Entropie nicht berück-
Wir könnten als Funktion der Temperatur aus dem
Maxwell-Boltzmannschen Verteilungsgesetz ermitteln und
würden dadurch zu der ungültigen Strahlungsformel (1) ge-
langen. Zu dem von Hrn. Planck eingeschlagenen Wege
wird man in folgender Weise
Es seien p1pn geeignet gewählte Zustandsvariable1),
welche den Zustand eines physikalischen Systems vollkommen
bestimmen (z. B. in unserem Falle die Größen x
und sämt-
licher Resonatoren). Die Entropie S dieses Systems bei der
absoluten Temperatur ist dargestellt durch die Gleichung2
| (4) |
wobei die Energie des Systems bei der Temperatur T,
H die Energie als Funktion der p1pn bedeutet, und das
Integral über alle möglichen Wertkombinationen p1pn
zu erstrecken
Besteht das System aus sehr vielen molekularen Gebilden
-- und nur in diesem Falle hat die Formel Bedeutung und
Gültigkeit, so tragen nur solche Wertkombinationen der p1pn
merklich zu dem Werte des in S auftretenden Integrales bei,
deren H sehr wenig von abweicht.3) Berücksichtigt man
dies, so ersieht man leicht, daß bis auf Vernachlässigbares
gesetzt werden
1) A. Einstein, Ann. d. Phys. 11. p. 170.
2) l. c. §
3) Folgt aus § 3 und § 4 l. e.
wobei H zwar sehr klein, aber doch so groß gewählt sei,
daß R lg (H) N eine vernachlässigbare Größe ist. S ist dann
von der Größe von H
Setzt man nun die Variabeln x und der Resonatoren
an Stelle der dp1dpn
in die Gleichung ein und berück-
sichtigt man, daß für den ten Resonator die
gilt (da E eine quadratische, homogene Funktion von x und
ist), so erhält man für S den
| (5) |
| (5a) |
gesetzt
Würde man S nach dieser Formel berechnen, so würde
man wieder zu der ungültigen Strahlungsformel (1) gelangen.
Zur Planckschen Formel aber gelangt man, indem man
voraussetzt, daß die Energie E eines Resonators nicht jeden
beliebigen Wert annehmen kann, sondern nur Werte, welche
ganzzahlige Vielfache von sind,
Setzt man nämlich H = , so ersieht man sofort aus
Gleichung (5a), daß nun W
bis auf einen belanglosen Faktor
gerade in diejenige Größe übergeht, welche Hr. Planck ,,An-
zahl der Komplexionen“ genannt
Wir müssen daher folgenden Satz als der Planckschen
Theorie der Strahlung zugrunde liegend
Die Energie eines Elementarresonators kann nur Werte
annehmen, die ganzzahlige Vielfache von (R N) sind; die
Energie eines Resonators ändert sich durch Absorption und
Emission sprungweise, und zwar um ein ganzzahliges Viel-
fache von (R N) .
Diese Voraussetzung involviert aber noch eine zweite,
indem sie im Widerspruch steht mit der theoretischen Grund-
lage, aus der heraus Gleichung (3) entwickelt ist. Wenn die
Energie eines Resonators sich nur sprungweise ändern kann,
so kann nämlich zur ermittelung der mittleren Energie eines
in einem Strahlungsraum befindlichen Resonators die übliche
Theorie der Elektrizität nicht Anwendung finden, da diese
keine ausgezeichneten Energiewerte eines Resonators kennt. Es
liegt also der Planckschen Theorie die Annahme
Obwohl die Maxwellsche Theorie auf Elementarresonatoren
nicht anwendbar ist, so ist doch die mittlere Energie eines in
einem Strahlungsraume befindlichen Elementarresonators gleich
derjenigen, welche man mittels der Maxwellschen Theorie
der Elektrizität
Der letztere Satz wäre ohne weiteres plausibel, wenn in
allen Teilen des Spektrums, die für die Beobachtung in Be-
tracht kommen, = (R N) klein wäre gegen die mittlere
Energie eines Resonators; dies ist aber durchaus nicht der
Fall. Innerhalb des Gültigkeitsbereiches der Wienschen
Strahlungsformel ist e T groß gegen 1. Man be-
weist nun leicht, daß nach der Planckschen Strahlungs-
theorie innerhalb des Gültigkeitsbereiches der Wienschen
Strahlungsformel den Wert e- T hat; ist also weit kleiner
als . Es kommt also überhaupt nur wenigen Resonatoren ein
von Null verschiedener Wert der Energie
Die vorstehenden Überlegungen widerlegen nach meiner
Meinung durchaus nicht die Plancksche Theorie der Strahlung;
sie scheinen mir vielmehr zu zeigen, daß Hr. Planck in seiner
Strahlungstheorie ein neues hypothetisches Element -- die
Lichtquantenhypothese -- in die Physik eingeführt
§ 2. Eine zu erwartende quantitative Beziehung zwischen
lichtelektrischer Zerstreuung und Voltaeffekt.
Ordnet man die Metalle nach ihrer lichtelektrischen
Empfindlichkeit in eine Reihe, so erhält man bekanntlich die
Voltasche Spannungsreihe, wobei die Metalle desto licht-
empfindlicher sind, je näher sie dem elektropositiven Ende
der Spannungsreihe liegen.
Man begreift diese Tatsache bis zu einem gewissen Grade
unter alleiniger Zugrundelegung der Annahme, daß die die
wirksamen Doppelschichten erzeugenden, hier nicht zu unter-
suchenden Kräfte nicht an der Berührungsfläche zwischen
Metall und Metall, sondern an der Berührungsfläche zwischen
Metall und Gas ihren Sitz
Jene Kräfte mögen an der Oberfläche eines an ein Gas
angrenzenden M eine elektrische Doppelschicht
erzeugen, welcher eine Potentialdifferenz V
zwischen Metall
und Gas entspreche -- positiv gerechnet, wenn das Metall das
höhere Potential
Es seien V 1 und V 2 die Spannungsdifferenzen zweier
Metalle M1 und M2 bei elektrostatischem Gleichgewichte, falls
die Metalle gegeneinander isoliert sind. Bringt man die beiden
Metalle zur Berührung, so wird das elektrische Gleichgewicht
gestört und es findet ein vollständiger1) Spannungsausgleich
zwischen den Metallen statt. Dabei werden sich über die
vorerwähnten Doppelschichten an den Grenzflächen Metall-Gas
einfache Schichten superponieren; diesen entspricht ein elektro-
statisches Feld im Luftraume, dessen Linienintegral gleich
der Voltadifferenz
Nennt man V l1 bez. V l2 die elektrischen Potentiale in
Punkten des Gasraumes, welche den einander berührenden
Metallen unmittelbar benachbart sind, und V ' das Potential
im Innern der Metalle, so
Die elektrostatisch meßbare Voltadifferenz ist also nume-
risch gleich der Differenz der Potentiale, welche die Metalle
im Gase annehmen, falls sie voneinander isoliert
Ionisiert man das Gas, so findet im Gasraum eine durch
die daselbst vorhandenen elektrischen Kräfte hervorgerufene
Wanderung der Ionen statt, welcher Wanderung in den Metallen
ein Strom entspricht, der an der Berührungsstelle der Metalle
1) Von der Wirkung der thermoelektrischen Kräfte sehen wir ab.
vom Metall mit größerem V (schwächer elektropositiv) nach dem
Metall mit kleinerem V (stärker elektropositiv) gerichtet
Es befinde sich nun ein Metall M isoliert in einem Gase.
Seine der Doppelschicht entsprechende Potentialdifferenz gegen
das Gas sei V . Um die Einheit negativer Elektrizität aus
dem Metall in das Gas zu befördern, muß eine dem Potential V
numerisch gleiche Arbeit geleistet werden. Je größer V , d. h.
je weniger elektropositiv das Metall ist, desto mehr Energie
ist also für die lichtelektrische Zerstreuung nötig, desto weniger
lichtelektrisch empfindlich wird also das Metall
Soweit übersieht man die Tatsachen, ohne über die Natur
der lichtelektrischen Zerstreuung Annahmen zu machen. Die
Lichtquantenhypothese liefert aber außerdem eine quantitative
Beziehung zwischen Voltaeffekt und lichtelektrischer Zerstreuung.
Es wird nämlich einem negativen Elementarquantum )
mindestens die Energie V zugeführt werden müssen, um es
aus dem Metall in das Gas zu bewegen. Es wird also eine
Lichtart nur dann negative Elektrizität aus dem Metall ent-
fernen können, wenn das ,,Lichtquant“ der betreffenden Licht-
art mindestens den Wert V besitzt. Wir erhalten
wobei A die Ladung eines Grammoleküls eines einwertigen
Ions
Nehmen wir nun an, daß ein Teil der absorbierenden
Elektronen das Metall zu verlassen befähigt ist, sobald die
Energie der Lichtquanten V übertrifft1) -- welche Annahme
sehr plausibel ist --, so erhalten
wobei die kleinste lichtelektrisch wirksame Frequenz be-
Sind also 1 und 2 die kleinsten Lichtfrequenzen, welche
auf die Metalle M1 M2 wirken, so soll für die Voltasche
1) Von der thermischen Energie der Elektronen ist dabei abgesehen.
Spannungsdifferenz V 12 der beiden Metalle die Gleichung
oder, wenn V 12 in Volt gemessen
In dieser Formel ist folgender, im großen ganzen jeden-
falls gültige Satz enthalten: Je stärker elektropositiv ein Metall
ist, desto kleiner ist die unterste wirksame Lichtfrequenz für
das betreffende Metall. Es wäre von hohem Interesse zu
wissen, ob die Formel auch in quantitativer Beziehung als
Ausdruck der Tatsachen zu betrachten
Bern, März
(Eingegangen 13. März 1906.)
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